- Vermittler, Begleiter, Verführer

Ägypten

Im Gegensatz zu den Darstellungen aus dem Vorderen Orient (Zweistromland bis Syrien-Palästina) sind ägyptische Gottheiten mit Flügeln in der Regel weiblich. Häufig, aber nicht immer, werden Isis, Nephtys, Neith und Selket, aber auch die „Westgöttin“ (Friedhofsgöttin) Imentet mit Flügeln gezeigt, gelegentlich auch Maat (Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit) oder die Ba (Seelenteil verstorbener Menschen).

Die Flügel waren jedoch nicht separat am Rücken, wie bei den Darstellungen des Vorderen Orients, sondern in Form von Federreihen an den Armen angesetzt wiedergegeben. Beispiele solcher Darstellungen sind an den vier Ecken des Steinsarkophages Tutanachamuns gezeigt, aber auch im Rahmen von Wandmalereien, wie dem Nefertari-Grab im Tal der Königinnen. Zahlreiche weitere Belege stammen von den Sargmalereien des Neuen Reiches und der Spätzeit. Zu keiner Zeit war die Darstellungsweise der Göttinnen, mit oder ohne Flügel, konsequent. Es kam beides gleichermassen üblich vor. Nach der Überlieferung von Plutarch fächelten Isis und Nephtys mit ihren Flügeln dem toten Osiris- nach seiner Auferstehung Unterweltsgott, als Herrscher und Richter über das Totenreich, Luft (=Atem) zu, um ihm das Leben wiederzugeben.

Ebenso finden sich auch auf verschiedenen Pektoralen (königlichen Brustgeschmieden oder Totenamuletten) häufig geflügelte Wesen – eben wiederum Isis- und Nephtys-Darstellungen, oder auch in Form der geiergestaltigen Göttin, einer Himmelsgottheit Nut, die den Toten ihrerseits mit ihren Flügeln umspannen und schützen kann. Daneben gibt es Darstellungen der Ba (Seelenteil) als Vogel mit Menschenkopf und Menschenarmen, um zu zeigen, dass die Seele nach dem Tod nicht mehr an die Gesetze Schwerkraft gebunden ist.