Portrait von John Wesley, dem Begründer der Methodistischen Kirche / unbekannter Künstler / 1771 / das Bild kam als Geschenk Wesleys 1785 in die amerikanischen Kolonien
Natur und Kunst durch die Hand der Vorsehung geführt / (auch die Engelchöre spielen ihre Rolle im kosmischen Ganzen) / Robert Fludd / Utriusque cosmi maioris / Holzschnitt 1617
Portrait von Emmanuel Swedenborg
Portrait von Jacob Boehme / Gemälde von Gottlob Glymann
Johann Valentin Andreae / Kupferstich / 1628 (42. Lebensjahr Andreaes)
17. Jahrhundert
Allgemeine Vorbetrachtung
Während auf katholischer Seite keine wesentlichen Neuerungen in der Angelologie vorgenommen wurden, wurde auf protestantischer Seite die Angelologie im Sinne Luthers weiter entfaltet. Evangelische und anglikanische Theologen arbeiteten daran, eine Dämonologie auszubauen, mit welcher sich das Hexenwesen und die Hexenvefolgung begründen liessen. Es mussten die guten und die bösen Engel beschrieben werden.
Die Engel in Literatur und Kunst
Girolamo Zanchi (1591) verfasste die „grösste protestantische Angelologie“, ein Werk über Engel und Dämonen zugleich. John Milton beschrieb Engel und Dämonen mit ihren Wirksamkeiten und Tätigkeiten wie essen, lieben und sündigen. Heinrich More (um 1650) fasste die Engel als Geister in eher philosophischer Art auf, während Bischof Hall (1574-1656) die unsichtbare Welt mit über zwei Dritteln Engel und Dämonen ausgestattet sah und Heinrich Lawrence (1646), ein puritanischer Schriftsteller, den Wert der Engellehre für die Frömmigkeit heraus arbeitete.
Richard Baxter( +1691) und John Wesley (1703-1791), der Initiator der methodistischen Bewegung, legten ebenfalls Wert auf die Engellehre für die Frömmigkeit (Engel als Vorbilder gottzugewandten Lebens). Thomas Heywood (1636) und John Salked (1613) stellen das frühere Ansehen des Dionysius Areopagita her.
Insgesamt tauchen Engel im reichen Barocktheater, in der Dichtung und im Drama ganz natürlich neben Menschen auf. In den Dramen der Jesuiten traten oft Engels- und Teufelsfiguren auf, während John Milton (1608-1674) im Barocktheater den Teufel eher psychologisierend darstellte.
Der Dichter, Johannes Scheffler (1624-1677), der sich selbst nach seiner Herkunft Angelus Silesius („Schlesischer Engel“) nannte, hat wie etwa in der Sammlung „Cherubinischer Wandersmann“ von Engeln geschrieben: „Wer hier auf niemand sieht, als nur auf Gott allein, wird dort ein Cherub bei seinem Throne sein.“
Die Alchimisten
Der Aufbruch von Kunst und Wissenschaften im Zeitalter der Renaissance und des Barock war keineswegs geprägt vom Rationalismus allein, sondern häufig verbunden mit alchimistischen und astrologischen Spekulationen, in denen Geistwesen als Manifestationen göttlicher Energien eine große Rolle spielten. Gespeist wurden diese Strömungen von wiederentdeckten antiken, sogenannt „hermetischen“ Schriften (Hermes Trismegistus), in denen sich eine Reichhaltigkeit von pythagoreischen und ägyptischen, platonischen und gnostischen Weisheiten und Gedankengängen fand, aber auch von der jüdischen Kabbala, die damals in humanistischen Kreisen auf grosses Interesse stiess. Ein extremes Beispiel für diese Tendenzen ist Agrippa von Nettesheim (1486-1535), der in seinem Werk ‚De occulta philosophia sive de magia‘ neben durchaus vernünftigen naturwissenschaftlichen Theorien die aus der Kabbala kommenden Gedanken vorträgt. So könne die Anrufung von Engeln und Dämonen durch die besondere Kraft ihrer Namen den Menschen zur Herrschaft über die Elemente und die Natur befähigen. Goethe hat die Stimmung jener Zeit zu Beginn seines Theaters ,Faust‘ eindringlich wachgerufen. Er zeigt dort den wissensdurstigen Gelehrten Dr. Faustus, der um höherer Erkenntnisse willen dem Teufel seine Seele verkauft haben soll.
Jakob Böhme (1575-1614)
Jakob Böhme, ein gelernter Schuhmacher und späterer Autodidakt, gilt als grosser Mystiker und deutscher Philosoph. Er sah den Kosmos als ein Spannungsfeld zwischen Gut und Böse und Gott selbst als die Einheit von Licht und Finsternis. Nach seiner Auffassung sind die Engel geformt durch Gottes Wort, geäussert oder gedacht, um ihm beim Regieren der Welt als seine Werkzeuge zu helfen. Es gibt unzählig viele Engel, eingeteilt in drei Bereiche und sieben Herrschaften. Jeder Bereich ist geleitet von einem Fürsten, nämlich Michael, Luzifer und Uriel. Luzifer ist die schönste Kreatur der Schöpfung. Alle himmlischen Kräfte sind in den Sternen, die er auch als Engel meint, präsentiert. So wirken in jedem Engelgeschöpf göttliche Kräfte, die einander ständig anstacheln und, lauschend auf die Musik der Ewigkeit, Impulse auch von aussen empfangen und sich zum Gesang erheben. Für Böhme sind die Engel, wie der Mensch, nach Gottes Bild geschaffen und mit Händen, Füssen, Gesichtern in menschlicher Erscheinungsgestalt, wenn auch ohne Zähne, da sie sich von den paradiesischen Früchten des machtvollen göttlichen Wortes ernähren.
Emanuel von Swedenborg (1688-1772)
Gleichzeitig zur Bewegung und dem Auftreten der rationellen Aufklärung kamen auch viele irrationale Tendenzen auf. Ein Beispiel dafür sind die Veröffentlichungen Swegdenborgs über die Engel. Swegdenborg war schon berühmter Wissenschaftler, doch 1747 trat er nach einigen visionären Erlebnissen von seinem Amt am Bergwerkskollegium in Stockholm zurück, um der Menschheit die Offenbarungen mitzuteilen, die ihm von Engeln in einer spirituellen Kommunikation zugesprochen und zugesungen wurden. So habe er über die Engel erfahren, dass sie alle nichts anderes wären als verklärte, wiederauferstandene Menschen. Die Geschlechtlichkeit sei ihnen erhalten geblieben: Ein Mann werde ein männlicher Geist, eine Frau ein weiblicher Geist; und wenn sie einander auf Erden geliebt hätten, blieben Mann und Frau auch nach dem Tod durch die Verschmelzung der Seelen verbunden. Sie bestünden aus keiner materiellen Substanz, reflektierten daher nicht die Strahlen der Sonne und seien somit unsichtbar, könnten aber vorübergehend einen physischen Körper annehmen oder sich im spirituellen Auge eines Menschen zeigen.
Emanuel Swedenborg beschreibt in seinem späten Werk Die eheliche Liebe, dass aus der Seele eines Mannes und der Seele einer Frau durch die Ehe im Himmel ein geschlechtsloser Engel erschaffen wird.
Christian Rosencreutz (wahrscheinlich J. V. Anreae 1586-1654)
Heute darf ziemllich sicher vermutet werden, dass die Schriften Christian Rosencreutz’ alle aus einem Tübinger Bekanntenkreis stammen, in dessen Mittelpunkt der württembergische Theologe Johann Valentin Andreae stand. Andreae gelang es, die esoterische Gemeinschaft durch die Gestalt des legendenumwobenen Rosenkreutz zu personifizieren, der seither die Esoteriker beschäftigt. Bald nach der Herausgabe der Aufsehen erregenden Bücher erklärte Andreae jedoch widerrufend – vielleicht, weil er offengelegte Zugänge wieder verschliessen wollte – er habe die Gestalt erfunden. Rosenkreutz dargestellte Ansichten stehen in einer Entwicklungslinie des Neuplatonismus, der Kabbala, Alchemie, des Paracelsismus und eines aus dem Geist der Mystik sich erneuernden protestantisches Christentums und weist satirische und utopische Merkmale auf.