Weltuntergang
        die   Offenbarung  des   Johannes

Übersicht


Auf dieser Seite erfahren Sie, warum es wichtig ist, das zeitliche und kulturelle Umfeld der Apokalypse zu kennen.

Wir nehmen einen Perspektiven-wechsel vor und lassen uns auf die Möglichkeit ein, dass Johannes tatsächlich Visionen empfangen hat.
Wir vergegenwärtigen uns auch, dass Johannes sein Werk nicht an Einzelpersonen gerichtet hat (und auch nicht an uns als einzelne), sondern an die gesamte Menschheit.

Entstehungszeit

Ein Perspektivenwechsel gleich zu Beginn

Obwohl eine genaue Datierung der Apokalypse nicht einfach ist (vgl. dazu auf dieser Website unter johannes), darf doch von einem Zeitraum ab 95 n. Chr. bis ca 180 n. Chr. ausgegangen werden, während dem Johannes die "Offenbarung Christi" geschrieben hat.

Perspektiven wechseln. Wir stehen vor einer Weggabelung - und versuchen es mal mit einem anderen, neuen Weg.
Weggabelung, Oberlinxweiler, Sankt Wendel Aufnahmedatum: 28.02.2009.

Aufheben der Distanz

Zu einem besseren Verständnis des vielschichtigen Werks gelangen wir, wenn wir das allgemeine antike, römisch-hellenistische Umfeld der Offenbarung berücksichtigen. Lange Zeit beschränkte sich die Erforschung der Apokalypse auf das Aufspüren von Zusammenängen mit der jüdischen Apokalyptik und den Einbezug der damaligen politischen Situation. Später entdeckte die theologische Forschung des Neuen Testamentes die vielen Zusammenhänge, welche die Offenbarung mit orientalischen Kulturen und Mythologien verband.
Blicken wir aber in die Entstehungszeit der Offenbarung, ergeben sich auch noch andere Zusammenhänge. Das heutige Denken muss sich allerdings dabei von der Idee lösen, Johannes habe die Offenbarung mehr als konzepitoneller Schriftsteller verfasst und als Redakteur älterer jüdischer und frühchristlicher Tradition zusammengestellt denn als tatsächlich ergriffener damaliger Christ.
Versuchen wir einmal, davon auszugehen, dass Johannes tatsächlich "im Geiste" Visionen empfing, dann ergeben sich folgende neue Gesichtspunkte:

  • Die Apokalypse ist keine verschlüsselte Rede, sondern spricht bildhaft, weil sich Seelisches in Bildern ausdrückt.

    Traumbilder sprechen die Spache der Seele.
    Salvador Dalí, Traum, verursacht durch den Flug einer Biene um einen Granatapfel eine Sekunde vor dem Aufwachen, 1944

    [ Lange wurde davon ausgegangen, Johannes wähle eine Art "Geheimsprache", um am römischen Staat vorbei gleichgesinnten Christen Trost und Ermutigung zukommen zu lassen. Die Bildsprache wäre dann Teil eines Verschlüsselungsprogramms. Allerdings verwendet Johannes Bilder, die in der damaligen Zeit so unbekannt und geheimnisvoll nicht waren, sondern von seinen Zeitgenossen - seien das nun Römer, Juden oder Christen - mehr oder weniger verstanden wurden. Dazu kommt, dass Johannes weder den Ursprung seiner Offenbarung noch seine eigene Person verbergen will, sondern in knapper Form frei legt.
    Dazu mehr auf dieser Website unter Worin sich die Apokalypse von anderen Apokalypsen unterscheidet. ]

  • Die Diskussion, inwiefern die Bildwelt anderer Kulturen Johannes beeinflusst hat, wird nebensächlich. Die Bilder und Mythen anderer Kulturen unterstützen aber umso mehr die Deutung und das Verständnis der Visionen.

    Die Ruinen Persepolis' zeugen noch heute von der grossen Kultur. Persepolis wurde 520 v. Chr. von Darius I gegründet.

    [ In der Zeit der ausgehenden Antike fasste das Römische Reich die verschiedensten Kulturen zusammen. (Mehr dazu auf dieser Seite unter Imperium Romanum). Das bedeutet, die Bildsprache und die Mythen verschiedener Kulturen waren im Umlauf und gehörten mehr oder weniger zum Allgemeingut. Wenn wir annehmen, dass sich in den Mythen und Bildern allgemein gültige Formen ausdrücken, würde ihnen auch eine allgemein gültige "geistige" Wirklichkeit entsprechen. Natürlich kann das nicht definitiv beurteilt werden, aber wir kommen damit bestimmt dem Eigenverständnis des Johannes näher. Einen Ansatz, der die allgemeinen Gültigkeit der Visionen untersucht, nimmt die Analytische Psychologie C. G. Jugns ein, der auf dieser Website unter psychologie zu finden ist. ]

  • Wenn Johannes die Visionen tatsächlich empfing, dann muss er selbst als Person in das Geschehen der Apokalypse irgendwie verwickelt sein. Er ist als Schriftsteller gleichzeitig auch der Empfänger der Visionen.

    Johannes wirft sich erschrocken vor der Menschensohnerscheinung zu Boden - wie ein Toter, beschreibt er seinen Zustand (Off 1,17).
    Seitenausschnitt aus dem Blockbuch von 1460/65 aus der Sammlung Este (kolorierter Holzschnitt aus der Zeit vor dem Buchdruck).

    [ Warum sollte Johannes eine "verschlüsselte" Trostschrift an seine "Brüder" schreiben, die in unendlich verschlungener Weise das Ende der römischen Herrschaft voraussagt und den Sieg Christi hervorhebt? Und warum sollte er Christus als seinen Auftraggeber erfunden haben? Wenn Johannes aber tatsächlich von Visionen überwältigt wurde, dann hatte er einen geistlichen Weg bereits hinter sich, als er die Visionen empfangen hatte. Als Empfänger geistiger Visionen hat er sich dieser Wirklichkeit bereits angenähert. Ein Teil davon wird sicher die Verbannung auf die Insel Patmos gewesen sein, von der er selber berichtet, dass er sie "um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses Jesu Christi" zu erleiden hatte (Off 1,9). ]
Dem hier angeschlagenen Blickwinkel, wonach Johannes tatsächlich Visionen "im Geiste" empfing, kommt die analytische Psychologie C. G. Jungs sehr nahe. Seelische Inhalte drücken sich für C. G. Jung in Bildern aus, da sie einer komplexeren und mehrdeutigeren Wirklichkeit entstammen. Ebenso haben die Bilder und Mythen in der Analytischen Psychologie einen allgemeingültigen Wert - sie sind Archetypen und gehören so zu den Grundinhalten des kollektiven (= allgemeinen) Unterbewusstseins.
Genauere Ausführungen dieser Betrachtungsweise finden Sie auf dieser Website unter psychologie.

Dazu kommt allerdings eine ganz wichtige Strömung, die zur Entstehungszeit der Offenbarung zum Allgemeingut gehörte: die Bewegung der verschiedenen Mysterienkulte. Ohne diese Zeiterscheinung bleiben viele Apsekte der Offenbarung unverständlich. Die Mysterien waren - selbst da, wo sie nicht zu beliebigen und gesellschaftlichen Grossveranstaltungen geworden waren - so angelegt, dass der Myste einen Einblick in das Tableau der göttlichen Wirklichkeit erhalten sollte (Visionen), dass er diese bildhafte und allgemein-gültige Wirklichkeit beschritt und kennen lernte (Einweihung).
Die Nähe eines Mysten zu Johannes fällt auf: das Empfangen geistiger Wirklichkeit, die Bildsprache und das eingebunden sein der eigenen Person und des eigenen Lebensweges treten bei beiden auf. Wie wir sehen werden allerdings bei Johannes noch in verstärkter Form.
Mehr dazu erfahren Sie unter mysterien.

Der Einzelne und die Menschheit

In der oben entfalteten Perspektive wird es möglich, die Offenbarung in ihrer Entstehungzeit besser verstehen zu lernen. Interessant wird dabei aber, dass je mehr wir uns von unser eigenen Anschauung lösen und uns auf die Zeit der Offenbarung einlassen, umso tiefer das Werk uns zu ergreifen und sogar eine verändernde Wirkung auf uns auszuüben vermag.

In der Offenbraung geht es um die Welt und die Menschheit als Ganzes.

Denn die Offenbarung ist nicht einfach auf den damaligen römischen Staat beschränkt, sondern zielt auf die Menschheitsgeschichte im Ganzen ab. Sie richtet sich zuallererst auch nicht an den einzelnen Menschen, sondern an die Menschheit als Ganzes. In diesem Sinne spricht die Offenbarung - ganz anders als etwa die Evangelien - nicht uns als Person an, sondern uns als Teil der Menschheit.
Mit dieser weitgefasste Perspektive unterscheidet sich die Apokalypse von den Mysterienkulten ihrer Zeit. Mehr dazu lesen Sie auf dieser Website unter mysterien.


Notizen zur Entstehungezeit:

Die Entstehungszeit der Offenbarung fällt in die römische Kaiserzeit (27 v. Chr. bis 395 n. Chr.). Sie folgt auf die Zeit der Republik und geht der Spätantike voraus.

Portrait des ersten römischen Kaisers Augustus (ab 27 v. Chr. nannte sich der Gebürtige Octavian aus der familie der Julier "Augustus" - Erhabener): die so genannte »Augustus Bevilacqua«. Büste des Kaisers mit Bürgerkrone, Augusteisch.



Eine Überblick über die Geschichte der Römischen Zeitepochen erhalten Sie unter Wikipedia Zeittafel Rom.
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